Konsolidierung, Zinssenkung, neue Konzepte: Wie können Betreiber und Investoren 2025 profitieren?
Im abgelaufenen Jahr gab es Heimschließungen, viele Betreiberwechsel, aber auch eine Konsolidierung auf dem Betreibermarkt, Zinssenkungen und eine wieder steigende Nachfrage nach Pflegeimmobilien. Außerdem rücken neue Wohn- und Betreuungsformen für Senioren immer stärker ins Blickfeld. Ist in der Pflegebranche eine Wende angebrochen? Und wie wird sich diese Wende in 2025 fortsetzen? Die TERRANUS-Geschäftsführer Anja Sakwe Nakonji und Markus Bienentreu sprechen im Interview über die aktuelle Marktlage.
Was war in 2024 die wichtigste Entwicklung für Betreiber und Investoren?
Markus Bienentreu: Die – wenn auch verhaltene – Erholung in der vollstationären Pflege. Insbesondere durch die Nachverhandlung von Pflegesätzen konnten viele Betreiber ihre Wirtschaftlichkeit wieder verbessern und es kam zu weniger Insolvenzen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung für den Markt.
Trotz dieser Konsolidierung auf dem Betreibermarkt gab es aber auch im abgelaufenen Jahr Heimschließungen und relativ viele Betreiberwechsel, wie wird sich die Lage in 2025 weiterentwickeln?
Anja Sakwe Nakonji: Die Schockstarre, in die der Markt zwischenzeitlich durch die Betreiberinsolvenzen gefallen war, ist vorbei! Dennoch stehen viele Betreiber weiterhin unter Druck. Insbesondere eine unzureichende Belegung aufgrund des Fachkräftemangels kann zu Problemen führen. Aber auch Einrichtungen mit veralteten Strukturen können aufgrund der verschärften Rahmenbedingungen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden. Das bedeutet: Es wird weiterhin bei Betreibern Portfoliobereinigungen geben müssen. Interessant ist, dass neue Betreiber – sowohl deutsche als auch ausländische Unternehmen – auf dem hiesigen Markt am Start sind. Ich bin gespannt, welche Auswirkungen das auf die Branche haben wird!
Markus Bienentreu: Eine wirkliche Entspannung auf dem Pflegemarkt sehe ich auch noch nicht. Die steigende Anzahl leerstehender Betten aufgrund des Personalmangels sind ein alarmierendes Zeichen! Auch im ambulanten Bereich gibt es wegen fehlenden Pflegekräften Versorgungslücken. Viele Familien finden für ihre pflegebedürftigen Angehörigen keinen ambulanten Dienst mehr. Damit es wirklich wieder aufwärts geht, brauchen wir dringend regulatorische Änderungen wie eine weitere Lockerung der Fachkraftquote.
Die europäische Zentralbank hat im vergangenen Jahr die Leitzinsen in drei Stufen abgesenkt, zuletzt im Dezember auf 3,00 %. Welche Auswirkungen haben die Zinssenkungen auf die Sozialimmobilien-Branche?
Markus Bienentreu: Ganz klar eine belebende! Unsere Kunden kommen wieder häufiger mit Ankaufs-Projekten auf uns zu. Die niedrigeren Zinsen werden aber auch zu wieder steigenden Kaufpreisfaktoren führen. Dieser Trend ist jetzt schon zu beobachten. Die Spitzenwerte aus der Zeit vor der Krise werden wir aber sicherlich in den nächsten Jahren nicht erreichen.
Anja Sakwe Nakonji: Günstige Kredite kurbeln natürlich auch die Bauaktivität an. Experten rechnen zudem für dieses Jahr mit stabilen Baukosten. Der aktuelle ZIA-Stimmungsindex zeigt: Projektentwickler bewerten aktuell Ihre Aussichten erheblich positiver als noch im III. Quartal 2024. Diese Antriebsfaktoren für Bautätigkeit machen Hoffnung, zumal Deutschland unbestritten neue Pflegeheimplätze benötigt. Aber das macht nur Sinn, wenn ausreichend Personal zur Verfügung steht bzw. die Rahmenbedingungen so angepasst werden, dass die Bewohner mit dem zur Verfügung stehenden Personal versorgt werden können.
Markus Bienentreu: Zwar haben sich durch die gesunkenen Zinsen die Finanzierungsbedingungen wieder etwas gebessert. Für eine echte Trendwende reicht es meiner Meinung nach aber noch nicht. Knackpunkt bleibt die Refinanzierung der Investitionskosten, wobei es hier zwischen den Bundesländern deutliche Unterschiede gibt: In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen wurde die Refinanzierung soweit angepasst, dass sich Neubauprojekte durchaus wirtschaftlich rechnen können. In allen anderen Bundesländern ist das nicht der Fall. Die Folge ist: Neubauten werden derzeit praktisch nur von Betreibern im Eigentumsmodell oder von Aufteilern realisiert. Mit dem Vertrieb im Teileigentum lassen sich derzeit noch auskömmliche Kaufpreise erzielen.
Weniger Investment in Pflegeheime, dafür mehr in Seniorenwohnen – ist das jetzt eine gute Strategie? Ist in der Pflegebranche eine Wende angebrochen? Und wenn ja, wie wird sich diese Wende in 2025 fortsetzen?
Anja Sakwe Nakonji: Seniorenwohnkonzepte wie Betreutes Wohnen sind sowohl für Bewohnerinnen und Bewohner als auch für Betreiber und Investoren attraktiv. Als Anlagealternative für Pflegeheime müssen auch hier Standort, Objektqualität und Kaufpreis stimmen. Wir haben bereits im vergangenen Jahr bei verschiedenen Projekten Kunden bei der Umwandlung von stationären Kapazitäten in Betreutes Wohnen beraten.
Markus Bienentreu: Auch ich sehe, dass innovative, hybride Wohnkonzepte zurzeit auf großes Interesse am Markt stoßen. Aber wer glaubt, diese an jedem Standort zu jedem Preis vermietet zu bekommen, ist auf dem Holzweg! Vielmehr hängt der Erfolg solcher Modelle nicht unwesentlich von der an den Investor zu zahlenden Miete und deren Durchsetzbarkeit am Markt ab. Um erfolgreich zu sein, gelten hier ähnliche „Spielregeln“, wie in der vollstationären Pflege. Nur wenn Standort, Konzept und Refinanzierung (Mietpreis) zueinander passen, habe ich ein wirklich nachhaltiges Investment für Betreiber und Immobilieneigentümer.
Was ist jetzt eine gute Strategie für Investoren?
Markus Bienentreu: Auch in 2025 gilt: Genau hinschauen, was man kauft und ob das Investment nachhaltig ist. Pflegeimmobilien sind – wenn die (oben genannten) Parameter stimmen – für Investoren immer noch eine sichere Anlageform, auch und gerade jetzt, wo die Finanzierung wieder günstiger wird und wenig andere Anlagemöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Anja Sakwe Nakonji: Investoren sollten prüfen, ob Ihre Objekte weiter marktfähig sind und welche Anlagenalternativen es gibt. Seniorenwohnen bietet für Anleger zwar ein geringeres Personalrisiko im Betrieb, aber auch Vermietungsrisiken, wenn die kalkulierten Mieten sich am Markt nicht durchsetzen lassen. In jedem Fall gilt für Investoren weiterhin, den Austausch mit ihren Betreibern suchen. Für einen drohenden Betreiberausfall lässt sich dann meist frühzeitig eine Lösung finden und finanzieller Schaden durch Mietausfälle und ggf. einen Betreiberwechsel ist geringer.
Wie sollten sich Betreiber in 2025 aufstellen?
Markus Bienentreu: Das Personal ist mittlerweile zum wichtigsten Kunden geworden. Deshalb lauten die zentralen Fragen für Betreiber: Wie halte ich mein Personal und wie und wo kann ich weitere Pflegekräfte rekrutieren?
Anja Sakwe Nakonji: Für Betreiber ist eine Portfoliostrategie notwendig, die das Dauerthema Personalgewinnung unterstützt. Moderne gut ausgestattete Arbeitsplätze sind vor allem für junge Pflegekräfte interessant. Um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können, müssen Betreiber Ihre Arbeitsorganisation optimieren. Der neue Personalbemessungs-Maßstab (PeBeM) erlaubt zum Beispiel eine Tourenplanung nach dem Kompetenzmodell: Das heißt, Fachkräfte konzentrieren sich ausschließlich auf die Aufgaben, für die Assistenten und Pflegehelfer nicht qualifiziert sind, und führen ihre eigenen Touren durch. Betreiber sollten außerdem alle Automatisierungs- und Digitalisierungschancen nutzen, dafür gibt es zum Teil auch finanzielle Förderungen von Bund und Ländern. Betreiber müssen sich außerdem darauf gefasst machen, dass die mit der Krankenhaus-Reform angestrebte Spezialisierung der Kliniken noch häufiger als bislang zu ungenauen oder falschen Überleitungsdiagnosen führen wird.
Was muss sich 2025 ändern?
Anja Sakwe Nakonji: Wir wünschen uns eine Regierung, die die Pflege auf die Agenda setzt!
Markus Bienentreu: Wir brauchen endlich eine umfassende Pflegereform!