Erfolgsfaktoren für Pflegeheim-Betreiber
Zum neunten Mal in Folge stiftet Terranus den Preis „Betreiber des Jahres“, der in wenigen Tagen auf der Messe „Expo Living & Care“ verliehen wird. Drei Unternehmen sind nominiert. Über den Gewinner abstimmen werden die Messebesucher. Eine gute Gelegenheit, die Frage zu stellen: Was macht eigentlich einen guten Pflegeheim-Betreiber aus? Welche Kriterien entscheiden über den Erfolg? Aufschluss geben die Konzepte der Nominierten, die wir hier vorstellen, sowie eine Checkliste mit weiteren Merkmalen.
Illersenio: Innovation trifft auf Erfahrung
ArteCare: Neue Wege im Personal-Marketing
VidaCura: Der Vielfalt den Rücken stärken
Checkliste: Solider Pflegeheim-Betreiber
Illersenio: Innovation trifft auf Erfahrung
Ein großes Pflegeheim mit 158 Zimmern, eingerichtet im Stil von modernen Hotel-Suiten, komplett errichtet in Holz-Hybrid-Modulbauweise mit überwiegend ökologischen Werkstoffen, ausgestattet mit verschiedenen Begegnungsflächen und speziellen Themenräumen für Aktivierung und Biografie-Arbeit. Ein Zukunftstraum? Nein, schon in wenigen Monaten Realität im bayerischen Vöhringen. Dort baut Betreiber Illersenio dieses Pflegeheim der Zukunft als Ersatz für eine in die Jahre gekommene Einrichtung.
Die 158 Pflegezimmer werden als einzelne Module – komplett mit Einbauschränken und sanitären Anlagen – in einem spezialisierten Holzbaubetrieb gefertigt. Grundstock für das Gebäude ist ein Stahlbeton-Korpus. Hier werden die einzelnen Zimmer nach und nach angesetzt. Im Vergleich zu einer konventionellen Umsetzung wurde mit dieser Methode eine Kostenersparnis von rund fünf Prozent und eine Bauzeitersparnis von mindestens sechs Monaten erreicht.
Kosten- und Zeitersparnis plus optimale Unterstützung des Betriebs
„Bei dem Projekt geht es aber um mehr als Einsparungen oder innovative Bauweise“, erklärt Illersenio-Marketingleiter Roland Negele, „beispielsweise ist das Wohnkonzept konzeptionell in drei Zonen gegliedert, die verschiedene Formen sozialer Interaktion fördern: die privaten Zimmer; halb-öffentliche Lounge-Bereiche, wo sich die Bewohner zwanglos treffen können; und komplett öffentliche ‚Dorfplätze’ für Gemeinschaftsaktivitäten und als offener Bereich für Besucher.“ Die Architektur der Immobilie wurde außerdem so ausgelegt, dass der Betrieb optimal unterstützt wird: Pflegerinnen und Pfleger haben kurze Wege und Routinearbeiten werden vereinfacht, weil z. B. in jeder Wohneinheit alles gleich angeordnet ist. Roland Negele: „Das macht die Einrichtung für die Mitarbeitenden zu einem attraktiven Arbeitsplatz“.
Unter anderem für dieses innovative Pflegeheim-Konzept ist Illersenio (hinter der Marke steht die Caritasverein Illertissen gGmbH) für den von Terranus gestifteten Expo Award „Betreiber des Jahres“ nominiert. Weitere Pluspunkte: 55 Jahre Markterfahrung und die solide, mittlere Größe mit 700 Mitarbeitern, drei großen stationären Einrichtungen, acht Tagespflege-Einrichtungen, sechs ambulanten Diensten und mehreren Senioren-Wohnquartieren und -anlagen mit insgesamt über 300 Appartements für Betreuten Wohnen.
ArteCare: Neue Wege im Personal-Marketing
ArteCare wurde vor 15 Jahren von Philipp Hünersdorf gemeinsam mit der Artemed Gruppe mit dem Ziel gegründet, in der stationären Pflege eine qualitätsführende Rolle einzunehmen. Das Unternehmen bestand zunächst nur aus zwei Einrichtungen in Peine in Niedersachsen. In einem moderaten Wachstumsprozess kamen nach und nach durch Übernahmen sowie Neubauten weitere Einrichtungen in anderen Bundesländern hinzu. Heute sind es elf wirtschaftlich gesunde Einrichtungen mit insgesamt rund 1.000 Plätzen.
Was ist das Erfolgsrezept von ArteCare? „Unser außergewöhnliches Personal-Marketing“, erklärt Geschaftsführer Philipp Hünersdorf: „Die Bewohner kommen fast von allein, die Mitarbeiter aber nicht! Dafür müssen wir viel tun.“ Zunächst wurden im Unternehmen Werte für die gemeinsame Arbeit definiert: „Leidenschaftlich, Familiär, Verlässlich“ Umgesetzt wird das durch eine intensive Aktivierung der Bewohner – z.B. durch Gymnastik mit Musik, gemeinsames Singen, Kuchen und Plätzchen backen – und mit einem besonderen Augenmerk auf menschlicher Zuwendung. Philipp Hünersdorf: „Das gefällt potenziellen Mitarbeitern!“ ArteCare hat zudem auch ein nachhaltiges Einarbeitungskonzept entwickelt: „Neue Kolleginnen und Kollegen werden nicht einfach zum nächstmöglichen Zeitpunkt in eine Schicht gestellt. Wir nehmen uns viel Zeit für das Onboarding: Von einer Hausführung und ausführlichen Informationen am gemeinsamen Einführungstag bis hin zu einer 2-wöchigen Phase, in der die Neuen zusätzlich zum normalen Dienstplan mitlaufen,.“ Darüber hinaus locken noch ein Job-Rad, gepflegte Personalräume mit Obst und Getränken sowie eine funktionierende IT.
Attraktive Arbeitsplätze werden auf Social Media gezeigt
Aber wie erfahren potenzielle Bewerber von all diesen Benefits? Über Facebook, Instagram und eine eigene Bewerber-Plattform mit dem doppeldeutigen und provokanten Titel „Respekt, Alter!“ In Fotos und Videos werden Highlights aus dem Alltag im Pflegeheim gezeigt. Als Pflegepersonal sind Menschen zu sehen, die mit Tätowierungen, Piercings und einem lässigen Kleidungsstil fast wie Rockstars wirken. Philipp Hünersdorf: „Früher haben wir auf unseren Bildern konventionell gestylte junge Damen mit Perlenohrringen gezeigt. Wenn man sich jedoch in einer Pflegeeinrichtung umschaut, sieht das Personal ganz anders aus. Wir bilden jetzt die Wirklichkeit ab!“ Auch das ist offenbar attraktiv für Bewerber!
Ergebnis: Alle Stellen sind besetzt, nur in seltenen Notfällen muss auf Leasing-Personal zurückgegriffen werden. Das ist nicht nur wirtschaftlich, sondern entlastet auch das eigene Personal von Überstunden. Philipp Hünersdorf: „Damit haben wir ein sich selbst verstärkendes System aufgebaut, das entspannte Arbeiten in Vollbesetzung zieht weitere Arbeitskräfte an.“
VidaCura: Der Vielfalt den Rücken stärken
Mit insgesamt 130 Pflegeeinrichtungen, Seniorenresidenzen und Tagespflegen, in denen rund 8.000 Menschen betreut werden, ist die 2017 gegründete VidaCura GmbH mit verschiedenen, regionalen Tochtergesellschaften der größte Betreiber unter den Nominierten für den Expo-Award. Tatsächlich ist das Unternehmen in den letzten Jahren enorm gewachsen und vereint unter anderen die Gruppen Pichlmayr, WH Care, Mundus Leben und Kuijpers in einem Verbund. „Im Gegensatz zu anderen schnell gewachsenen Betreibern hat VidaCura den Aufbau und die Integration neuer Unternehmensteile organisatorisch und wirtschaftlich gut bewältigt“, erklärt Terranus-Geschäftsführer Markus Bienentreu. Wie konnte das gelingen? Was ist das Erfolgsrezept von VidaCura? „Wir verstehen uns als Unternehmerverbund mit starken, lokalen Strukturen und individuellen Marken. Bei der VidaCura gibt es kein Konzerndenken, sondern ein kollegiales Miteinander, ein Lernen auf Augenhöhe. Das macht uns und unsere Verbundunternehmen stark“, erklärt Gründer und CEO Andreas-Hartwig Kütt.
Jedes Haus behält seine Identität
In den Häusern bleibt alles so, wie es war: Name, Markenauftritt, Einrichtungsleitung, Kollegen und Ansprechpartner bleiben und schaffen Vertrautheit. Hinzu kommt jedoch eine machtvolle Rückenstärkung: „Die aktuellen Herausforderungen in der Pflege wie Personalmangel, Kostensteigerungen, Digitalisierungsstreben und wachsende Regulierung lassen sich bei gleichzeitig steigendem Qualitätsdenken in einem starken Unternehmensverbund am besten lösen“, sagt Andreas-Hartwig Kütt. Das geballte Know-how und die Stärke des Verbundes erlauben es den Einrichtungen, mit modernen IT- und Softwaresystemen höhere Effizienz, Transparenz und Qualität zu realisieren und gleichzeitig mehr Raum für die Pflege zu gewinnen. So werden innovative Systeme in den Bereichen Recruiting, Personalmanagement, Dienstplanung, Pflegedokumentation, Weiterbildung und Mitarbeiterkommunikation eingeführt.
Weitere Synergieeffekte entstehen unter anderem im Qualitätsmanagement, im Einkauf und Pflegesatzmanagement sowie im Themenbereich Nachhaltigkeit, wenn es um Bau, Energieverbrauch, Müllvermeidung, Personalbindung und Gesundheitsmanagement geht. Andreas-Hartwig Kütt erläutert: „Unser Ziel ist es, die einzelnen Unternehmensgruppen im Hintergrund optimal zu unterstützen, ihre regionale und kulturelle Individualität aber zu bewahren und sie so in eine gute und sichere Zukunft zu führen.“
Checkliste: Solider Pflegeheim-Betreiber
Wie ein Unternehmen von seiner Struktur her aufgestellt ist, ist entscheidend für die Chancen, auch schwierige Phasen zu überstehen. Natürlich muss jedes Unternehmen in puncto Wirtschaftlichkeit individuell betrachtet werden. Folgende Indikatoren spielen jedoch nach der Erfahrung der Terranus-Consultants häufig eine wichtige Rolle für stabilen Erfolg:
- Die Größe des Unternehmens: Ideal sind Unternehmen, die mehrere Einrichtungen in einer Region besitzen und so regionale Synergieeffekte zwischen diesen Einrichtungen z. B. in Sachen Personal nutzen können.
- Die Größe einzelner Einrichtungen: Eine Einrichtung arbeitet erst ab einer Größe von 80 Plätzen wirtschaftlich. Wichtig: Es müssen mindestens 90 % Einbettzimmer sein.
- Die Standorte der Einrichtungen: Um sowohl für Bewohner als auch für Mitarbeiter attraktiv zu sein, sollten die Einrichtungen nicht außerhalb von Ortschaften liegen, sondern gut an den ÖPNV angeschlossen sein und in der Nähe auch Angebote von Handel und Gastronomie haben.
- Das Wachstum: Wie verlief die Entwicklung des Unternehmens in den letzten Jahren? Gab es ein gesundes, moderates Wachstum oder wurde sehr schnell expandiert? Oder wurden vielleicht in kurzer Zeit gleichzeitig mehrere neue Konzepte umgesetzt? Beides kann zu einer Überforderung des Betreiber-Unternehmens und Verlusten bis hin zur Insolvenz führen.
- Die Führung: Gab es bei den Einrichtungsleitungen in den letzten Jahren viel Fluktuation? Wenn eine Einrichtung schon seit vier oder fünf Jahren von derselben Person geführt wird, ist das ein gutes Zeichen.
- Das Personal: Gibt es viel Fluktuation? Wird in größerem Umfang Leasing-Personal eingesetzt? Beides wäre eher ein schlechtes Zeichen.
- Die Kommunikation: Eine offene Informationspolitik ist Kennzeichen eines nach innen und außen gut aufgestellten Unternehmens
- Der Zustand der Immobilie: Werden Instandhaltungsmaßnahmen zeitnah umgesetzt? Der Zustand der Immobilie ist die „Visitenkarte“ nach außen.
- Die Erlösplanung: Werden Pflegesätze zeitnah nachverhandelt?
- Gibt es überzeugende innovative Arbeitsansätze? Wie die Beispiele der Nominierten für den Expo Award zeigen, sichert ein Unternehmen damit seine wirtschaftliche Zukunft.
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