Grenzen für Mietindexierung
Enge Limits: Bei Mietverhandlungen für Pflegeheime sitzt neben Vermieter und Betreiber stets auch der Gesetzgeber mit am Tisch. Denn über die Investitionsfolgekosten beschränkt er de facto die Refinanzierung von Indexregelungen – und das mitunter selbst für bestehende Verträge.
Verhandlungsfreiheit zwischen Investoren und Betreibern sieht anders aus. Betrifft es die Indexregelungen von Pflegeheim-Mietverträgen setzt der Gesetzgeber den Vertragspartnern für die Refinanzierung enge Grenzen.
Je nach Bundesland und dem jeweils geltenden Landesheimgesetz führen mietvertraglich vereinbarte Indexregelungen keineswegs zu einer Refinanzierung über die Investitionsfolgekosten, mitunter schließt dies selbst Mietverträge vor Inkrafttreten der neuen Gesetze ein. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise sieht die entsprechende Durchführungsordnung (APG DVO, seit 11/2014) vor, dass selbst Indexregelungen, die vor Inkrafttreten der APG DVO entsprechend den Vorgaben der alten Verordnung vereinbart wurden, keinen Bestandschutz genießen.
Wurden vor rund 20 Jahren noch Mietindexierungen für Pflegeheime mit Mietsteigerungen vereinbart, die sich meist zu 100 Prozent am Verbraucherpreisindex orientierten, fallen diese inzwischen deutschlandweit deutlich geringer aus. Die Indexsteigerung wird häufig nur noch zu 65 bis 70 Prozent weitergegeben und das auch erst nach Überschreitung eines Schwellenwertes. Bei einer Indexregelung von 10 und zu 65 Prozent bedeutet das: Erst wenn der Verbraucherindex (VPI) um 10 Prozent steigt, wird die Miete angepasst – und das auch nur um 65 Prozent der VPI-Steigerung. Bei einer Veränderung des VPI um 10 Prozent würde die Miete dann um 6,5 Prozent angepasst.
Querfinanzierung untersagt: Miete lediglich aus Investitionskosten zu refinanzieren
Der Grund für diesen Wandel liegt nicht zuletzt in der genehmigungsfähigen Höhe der Investitionskosten, deren Entwicklung inzwischen weit hinter die der allgemeinen Verbraucherpreise zurückfällt, wie der TERRANUS Investitionskostenindex deutschlandweit und für alle 16 Bundesländer detailliert belegt. Dabei bezeichnen die Investitionskosten jenen Bestandteil der Pflegeheimfinanzierung, mit dem ausschließlich die Kosten für das Gebäude und das Inventar refinanziert werden. Wird also eine Einrichtung im Mietmodell betrieben, bestehen die Investitionskosten aus Miete oder Pacht, Instandhaltung und -setzung sowie Erstbeschaffung für Immobilie und Mobilien.
Noch zudem gebietet das Querfinanzierungsverbot (§ 82 SBG XI), dass die Miete ausschließlich aus diesen Investitionskosten zu decken sei, andere Bestandteile des Pflegesatzes wie etwa Pflegevergütung, Unterkunft und Verpflegung dürfen nicht zur Finanzierung hinzugezogen werden. Das Dilemma für Betreiber wie Investoren: Fällt der Investitionskostenindex dauerhaft hinter die anderen Indizes zurück, koppelt sich die Miete für Pflegeheime von der Entwicklung der allgemeinen Verbraucherpreise und Wohnungsmieten ab. Das Resultat dieser Politik: Der Vermieter besteht auf einer vertraglich vereinbarten Mietanpassung, die sich zu 100 Prozent nach dem Verbraucherpreisindex richtet. Das aber führt zumindest mittelfristig zu einem Overrent, wenn die vereinbarte Miete peu á peu immer deutlicher oberhalb der Einnahmen aus den Investitionsfolgekosten liegt.
Bei Neuverhandlungen zur Verlängerung: Hohe Indexierungen werden verweigert
Eine solche Overrent-Situation ist insbesondere bei den Neuverhandlungen der vor 20 Jahren abgeschlossenen Mietverträge zu beobachten. „Den hohen Indexierungen von damals können wir vor dem Hintergrund der unterproportional steigenden Investitionsfolgekosten nicht mehr zustimmen“, sagt etwa Horst Molenaar, einer der Geschäftsführer der Johanniter Seniorenhäuser GmbH, die 94 Pflegeeinrichtungen in ganz Deutschland betreibt. So erfolgen Mietvertragsverlängerungen häufig unter für den Investor negativen Vorzeichen – niedrigere Mieten und geringere Mietsteigerungen machen derartige Investments nicht interessanter.
Denn während einerseits die Investitionskosten und damit die refinanzierbaren Mieten für Pflegeheime nur mäßig steigen, findet andererseits eine Kostenexplosion statt. Stark steigende Grundstückskosten, neue Energiestandards wie die Energieeinsparverordnung (EnEV) und strengere Brandschutzvorgaben sorgen für kontinuierlich kletternde Bauwerkskosten. Hinzu kommt ein erhöhter Flächenverbrauch bei Pflegeheimen aufgrund der Vorgaben der Landesheimgesetze wie z.B. Mindestgrößen bei Zimmern und Aufenthaltsbereichen.
Die Konsequenz: „Bereits heute lässt sich im Vergleich zum enorm wachsenden Bedarf von einer Stagnation des Neubaus sprechen“, erklärt Markus Bienentreu, Geschäftsführer der TERRANUS GmbH, „unter anderem eine Folge der zu geringen Investitionsfolgekosten. Bezieht man den erheblichen Ersatz- und Modernisierungsbedarf für die vielen älteren Bestandsimmobilien mit ein, zeichnet sich ein dramatisches Bild. Absurderweise steht genügend privates Kapital zur Verfügung, das derzeit vom stark reglementierten Markt ausgebremst wird.“
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Markus Bienentreu
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