Pflege-Rettungsschirm: Zu kurz gesprungen!
Lückenhafte Refinanzierung: Der Pflege-Rettungsschirm gemäß COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz entschädigt Pflegeheime für Corona-bedingte Mehrausgaben und Mindereinnahmen. Dabei übersah der Gesetzgeber einen zentralen Baustein des Pflegesatzes – die Investitionsfolgekosten.
Beim Ausfüllen der Anträge zur Kostenerstattung sowie zum Ausgleich der Mindereinnahmen gemäß COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz (§ 150 Absatz 2 SGB XI) bemerken in diesen Tagen viele Betreiber die Lücke: Es findet sich darauf keine Entschädigung für die Investitionsfolgekosten. „Denn der Pflege-Rettungsschirm umfasst lediglich die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung sowie die finanziellen Anteile der Pflegebedürftigen wie Unterkunft und Verpflegung“, stellt TERRANUS-Geschäftsführer Markus Bienentreu fest, „dagegen fehlt die Erstattung für den dritten Baustein des Pflegesatzes völlig: Die Investitionsfolgekosten refinanzieren die systemrelevante Infrastruktur, also die Gebäude und die Ausstattung der Pflegeeinrichtungen.“ Doch diese sind „Ländersache“ und wurden, trotz der Intervention bundesweiter Branchenvertreter, nicht unter dem Schutzschirm erfasst.
Staatliche Unterstützung reicht nicht aus
Corona-bedingte Schließungen von Tagespflegeeinrichtungen, Aufnahmestopps in der vollstationären Pflege, Absagen im Bereich der Kurzzeitpflegen, aber auch höhere Sterberaten können bei den Betreibern zu gravierenden Ertrags- bzw. Mietausfällen führen. „Mieten oder Zins und Tilgung für die Pflegeimmobilie jedoch müssen die Betreiber auch weiterhin entrichten, und die werden derzeit durch den Rettungsschirm nicht ausgeglichen.“ Selbst wenn die Einrichtung unter die aktuelle Regelung zum Schutz von Wohnraum- und Gewerbemietern fiele (siehe Teil 1 des TERRANUS Corona-Spezial) und für einige Monate keine Miete oder Pacht zahlt, so ist ihre Mietzahlpflicht maximal bis zum 30. Juni 2022 aufgeschoben, aber keineswegs aufgehoben. Und für die aufgrund des Mietmoratoriums gestundeten Mietzahlungen stehen dem Immobilieneigentümer in jedem Fall auch Verzugszinsen zu.
„Betreiber können ihre Mietschulden langfristig nur begleichen oder den Kapitaldienst leisten, wenn die entsprechenden Einnahmeausfälle refinanziert werden“, sagt Markus Bienentreu und ergänzt, „damit betrifft die Erstattung der Investitionsfolgekosten durch den Rettungsschirm auch die Immobilieneigentümer und deren wirtschaftliche Situation. Zur Entlastung der öffentlichen Hand und nach Wegfall der geförderten Finanzierung investierten sie in den letzten 20 Jahren in den Neubau von Pflegeheimen und ermöglichten so einen erheblichen Teil der heutigen Versorgungsstruktur. Auch in Zukunft benötigen wir dieses private Kapital, um den steigenden Bedarf an Pflegeplätzen zu finanzieren.“
Zurzeit treffen die fehlenden Einnahmen vor allem Betreiber mit einem hohen Anteil an Tagespflegeplätzen, während die stationären Pflegeeinrichtungen noch eine gute Auslastung aufweisen. Je nachdem, wie sich die Pandemie künftig entwickelt, kann sich dies mehr oder weniger auch auf vollstationäre Einrichtungen auswirken. Das gilt beispielsweise für den Fall, dass das gesamte Pflegekraft-Team einer Einrichtung unter Quarantäne steht und die Einrichtung vorübergehend geschlossen werden müsste.
„Will man diesen wichtigen und von politischer Seite immer wieder betont systemrelevanten Bereich schützen, muss bei den Investitionsfolgekosten schnell nachgebessert werden“, erklärt Bienentreu, „hier sind die Länder in der Pflicht, zügig entsprechende Regelungen zu treffen.“ Aus dem Gesundheitsministerium Nordrhein-Westfalens beispielsweise gibt es zumindest für die Tagespflege erste positive Signale, dass die Kommunen, mit denen Tagespflegen auch bisher die Investitionskosten abrechnen, die Mindereinnahmen ausgleichen. Im Bereich der Kurzzeitpflege konnte bislang noch keine Klärung erzielt werden, und auch bei der vollstationären Pflege sehen die Entscheider auf Landesebene noch keinen dringenden Handlungsbedarf. „Dabei wäre eine rasche und positive Nachricht für die Betreiber wichtig, damit sie sich voll und ganz auf die Versorgung der pflegebedürftigen Menschen konzentrieren können, denn die hat derzeit höchste Priorität.“
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Markus Bienentreu
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